Lentikulare Visualisierungsmethoden bieten die Möglichkeit, Wechselbild‐ und Autostereoskopie‐ Wiedergabe mit kartographischen Inhalten zu verknüpfen. Auf der Basis von Echt‐3D haben sie bereits Eingang in Geovisualisierungen von Reliefverhältnissen, sowohl für analoge (Hartkopien) als auch für digitale Präsentationsformen (Bildschirm), gefunden. Bisher ist noch nicht untersucht worden, welche Potenziale sich für die weit verbreiteten themakartographischen Darstellungen (Thematische Karten) ergeben. Die plastisch differenzierte Wiedergabe räumlicher Sachverhalte ermöglicht einen mehrschichtigen Aussageaufbau und präsentiert mehrere Parameter (bzw. Dimensionen) eines kartographischen Inhalts. Damit können bislang unlösbare Problemstellungen in der Kartographie aufgegriffen und die kartographische Modellbildung vorangetrieben werden. Mit Hilfe von Vergleichtests soll erstmals die Informations‐Transferleistung, die die Lentikulartechnik in der Kartographie zu leisten vermag, empirisch überprüft und quantifiziert werden. Dieses Projekt wird in Kooperation mit dem Institut für Kartographie der TU Dresden durchgeführt, das bereits über methodische Erfahrung auf dem Gebiet der lentikular basierten Reliefdarstellung verfügt.
Obwohl das Potenzial der Lentikulartechnik in der Themakartographie augenscheinlich groß ist, existieren hierzu noch keine fachwissenschaftlichen Untersuchungen. Die bisherigen Forschungsarbeiten zielten vor allem auf die Geovisualisierung dreidimensionaler Daten ab. Ein deutliches Defizit besteht jedoch in der systematischen Aufarbeitung des Einsatzes dieser Technik für kartographische Wirkungszusammenhänge und die daraus resultierende Informations‐ Transferleistung. Bisher erfolgt die Verwendung von Kartendarstellungen im Zusammenhang mit der Lentikular‐Technik ohne eine theoretische Grundlage. Erst in Ansätzen wurden thematische Kartenelemente geprüft, z. B. die Eignung von Schriftarten und Schriftgrößen und deren Anordnungsmöglichkeiten unter Lentikularfolien. Das breite Spektrum themakartographischer Darstellungsformen blieb bisher unbeachtet.
Die 3D‐Technik erlaubt das Einbinden von thematischen Zusatzinformationen in eine Basis‐Karte, indem beispielsweise Diagramme „frei schwebend“ (siehe Abbildung unten) über dem Kartengrund platziert werden, ohne dabei auf wichtigen Kartenelementen, wie Beschriftungen oder Reliefinformationen, aufzulagern und die Wahrnehmung von entscheidenden Beschriftungen und von Reliefinformation zu verhindern. Über empirische (kartenexperimentelle) Versuche soll herausgefunden werden, welche kartographische Darstellungsmethodik (Choroplethen‐, Isolinien‐, Diagrammkarten) zu einer effektiveren Kartennutzung führen kann und wie kartographische Gestaltungselemente (Farben, Minimaldimensionierungen, Signaturengestaltung, Schrift etc.) auf die jeweiligen Lentikulareffekte angepasst werden müssen. Es soll geklärt werden, welche kognitiv‐visuellen Barrieren während der Nutzung von Lentikularfolienkarten auftreten und wie diese mit Hilfe neuer bzw. variierter Gestaltelemente zu einer besseren Wahrnehmung überwunden werden können. Ziel des angestrebten Projektes ist es daher, in einem mehrstufigen Prozess gesicherte Daten zu erhalten, die dazu beitragen können, die Effizienz lentikularer Visualisierungsmethoden zu ermitteln. Damit kann ihr Einsatz bei künftigen kartographischen Aufgabenstellungen bewertet werden und somit gezielter erfolgen. Die Technik ist auch für mobile Anwendungen denkbar.